„Lass in deiner Herrlichkeit einen von uns rechts und den andern links neben dir sitzen!“ (Mk 10,37). Wie kommt es nun, dass unser Evangelist erzählt, ihre Mutter sei hinzugetreten? Es wird eben beides geschehen sein. Sie werden ihre Mutter zugezogen haben, um ihrer Bitte mehr Nachdruck zu geben […] Christus wendet sich in seiner Antwort zunächst gegen diese Anschauung, indem er ihnen einen gewaltsamen Tod, Gefahren aller Art und sonstige fürchterliche Dinge in Aussicht stellt. „Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke?“, fragt er. Verwundere dich aber nicht, dass die Apostel so unvollkommen waren. Noch war ja der Herr nicht am Kreuz gestorben, noch war der Hl. Geist nicht über sie gekommen. Willst du sehen, wie tugendhaft sie waren, so musst du sie nachher betrachten, und du wirst finden, dass sie dann über jede Seelenschwäche erhaben sind. Drum eben deckt der Herr auch ihre Unvollkommenheit auf, damit du erkennst, was sie durch die Gnade geworden sind. […] „Ihr wisst nicht, um was ihr bittet“, wie groß, wie wunderbar es ist, wie sehr es auch die himmlischen Kräfte übersteigt. Dann fährt er fort: „Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke, oder die Taufe auf euch nehmen, mit der ich getauft werde?“ Siehst du, wie rasch er sie von ihrem Begehren abbringt und von etwas ganz Entgegengesetztem mit ihnen spricht? Er will sagen: Ihr redet mit mir von Rang und Ehrenstellen, ich rede mit euch von Kampf und Mühen. Beachte ferner, wie er sie auch durch die Art und Weise der Frage aufmuntert und anspornt. Er sagte nicht: Könnt ihr es ertragen, hingemordet zu werden? Seid ihr imstande, euer Blut zu vergießen? Sondern wie? „Könnt ihr den Kelch trinken?“ und dann zu ihrer Ermutigung: „den ich trinke“, um sie bereitwilliger zu machen durch den Hinweis darauf, dass er es mit ihnen tun werde. […] Aber, wie schon erwähnt, musst du sie später anschauen und du wirst finden, dass sie alle Verkehrtheiten abgelegt haben. Höre z.B., wie eben dieser Johannes, der jetzt ein solches Anliegen vorgebracht hatte, in der Apostelgeschichte überall dem Petrus den Vortritt lässt […] Jakobus lebte nicht mehr gar lange. Gleich von allem Anfange war er so voll Eifer, dass er alle menschlichen Schwächen ablegte, und erreichte eine so große Tugendhaftigkeit, dass man ihn bald umbrachte.