Sonntag, 8 September 2019 : Kommentar Johannes Cassianus

Einige, die, um Christus nachzufolgen, ein beträchtliches Vermögen, enorme Gold- und Silbermengen und herrliche Landgüter verachtet hatten, haben sich später von einem Radiermesser, von einer Ahle, von einer Nadel, von einer Schreibfeder anziehen lassen […] Nachdem sie alle ihre Reichtümer um der Liebe Christi willen verteilt haben, halten sie an ihrer alten Leidenschaft fest und richten sie auf Nichtigkeiten, schnell zum Zorn bereit, wenn es darum geht, sie zu verteidigen. Weil sie nicht die Liebe besitzen, von der der hl. Paulus spricht, ist ihr Leben mit Unfruchtbarkeit geschlagen. Der selige Apostel hat dieses Unglück vorhergesehen: „Und wenn ich meine ganze Habe zur Nahrung für die Armen verschenkte und meinen Leib den Flammen übergäbe, aber die Liebe nicht habe, nützt es mir nichts“ (vgl. 1 Kor 13,3). Das ist ein offensichtlicher Beweis dafür, dass man allein durch den Verzicht auf jeden Reichtum und die Verachtung von Ehren nicht schon mit einem Schlag vollkommen wird, wenn man sich nicht mit jener Liebe verbindet, deren verschiedene Seiten der Apostel beschreibt. Sie ist jedoch nur vorhanden in der Reinheit des Herzens. Denn Neid, Prahlerei, Zorn und Zügellosigkeit zu verwerfen, nicht die eigenen Interessen zu suchen, sich nicht am Unrecht zu freuen, das Böse nicht nachzutragen und vieles andere mehr (vgl. 1 Kor 13,4–6): Was ist das anderes, als Gott ständig ein vollkommenes und ganz reines Herz darzubieten und es von jeder Regung der Leidenschaft unversehrt zu bewahren? Die Reinheit des Herzens will also die einzige Prägung unserer Handlungen und unserer Wünsche sein.

Zuletzt geändert: 7 September 2019