Wie nun die kanaanäische Frau vor ihn tritt, sagt sie nichts anderes als nur: „Erbarme Dich meiner“, und veranlasst durch ihr Geschrei einen großen Auflauf. Es war auch in der Tat ein mitleiderweckender Anblick, eine Frau zu sehen, die mit solchem Schmerz rief, eine Mutter, die für ihre Tochter bat, und zwar für eine Tochter, die so elend dran war. […] Auch sagt sie nicht: Erbarme Dich meiner Tochter, sondern: „Erbarme Dich meiner.“ Meine Tochter fühlt ja ihr Leiden nicht, ich aber habe schon unzählige Schmerzen gelitten, weil ich es empfinde, dass ich leide, weil ich weiß, dass ich von Sinnen bin. […] Christus aber spricht: „Ich ward einzig nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt“ (vgl. Mt 15,24). Was tat nun die Frau, als sie diese Worte hörte? Wurde sie still? Ging sie weg? Ließ sie von ihrem Vorhaben ab? Keineswegs, sie wurde vielmehr noch zudringlicher. Wir handeln freilich nicht so: wenn wir etwas nicht gleich erhalten, so lassen wir vom Bitten ab, während wir gerade dann um so eifriger flehen sollten. Und doch, wen hätten die Worte des Herrn nicht entmutigen sollen? Hätte schon das Schweigen die Frau zur Verzweiflung bringen können […], jetzt kommt sie sogar noch näher heran, betet ihn an und spricht: „Herr, hilf mir!“ […] „Dass man die Nahrung für die Kinder braucht, weiß ich wohl, allein auch mir kann sie nicht verweigert werden, da ich wenigstens ein Hündlein bin. […] gerade so erhalte ich am sichersten einen Anteil, wenn ich ein Hündlein bin.“ Christus wusste, dass sie so reden würde; deshalb hatte er sie hingehalten, darum hatte er ihr die Gewährung verweigert, um ihre Klugheit zeigen zu können. […] So lag also in seinen Worten keine Verachtung, sondern eine Aufmunterung und er deckte durch sie einen großen Schatz auf.