Selig der Mensch, der alle Menschen gleichermaßen lieben kann. Selig der Mensch, der sich an nichts bindet, was hinfällig und vergänglich ist. […] Wer Gott liebt, liebt auch seinen Nächsten ganz und gar. Ein solcher Mensch kann nicht für sich behalten, was er hat, sondern teilt es aus wie Gott, indem er jedem gibt, was er braucht. Wer in Nachahmung Gottes Almosen gibt, kennt keinen Unterschied zwischen Bösen und Guten, Gerechten und Ungerechten (vgl. Mt 5,45), wenn sie körperlich leiden. Sondern er gibt allen gleichermaßen, je nach ihren Bedürfnissen, auch wenn er den Tugendhaften wegen seines guten Willens dem Verdorbenen vorzieht. So wie Gott, der wesenhaft gut und unerschütterlich ist, zwar alle Lebewesen als seine Geschöpfe gleichermaßen liebt, den tugendhaften Menschen jedoch verherrlicht, weil dieser mit ihm durch die [Gottes-]Erkenntnis vereint ist, während er in seiner Güte den Verdorbenen bemitleidet und ihn umkehren lässt, indem er ihn noch zu Lebzeiten unterweist. Ebenso liebt einer, der aus eigenem Antrieb gut und unerschütterlich ist, alle Menschen gleichermaßen. Er liebt den Tugendhaften wegen seines Wesens und seines guten Willens. Und er liebt den Verderbten wegen seines Wesens und aus Mitleid, denn er hat Erbarmen mit ihm wie mit einem Verrückten, der in der Dunkelheit umherirrt. Nicht nur teilen, wie es uns die Kunst des Liebens ans Herz legt, sondern vielmehr das Wort umsetzen und den anderen in ihrem Leibe dienen. […] „Ich aber sage euch“, bittet der Herr: „Liebt eure Feinde, tut Gutes denen, die euch hassen, und betet für die, die euch verfolgen“ (vgl. Mt 5,44; vgl. Lk 6,27–28).