Es gibt in der Kommunität eine Schwester, die das Talent hat, mir in jeder Hinsicht zu missfallen, ihre Manieren, ihre Worte, ihr Charakter schienen mir sehr unangenehm. Sie ist jedoch eine heilige Klosterfrau, die dem Lieben Gott sicher sehr angenehm ist; so wollte ich der natürlichen Antipathie, die ich empfand, nicht nachgeben, ich sagte mir, die Liebe dürfe nicht in Gefühlen bestehen, sondern müsse sich in Werken äußern; nun bemühte ich mich, für diese Schwester zu tun, was ich für den mir liebsten Menschen getan hätte. Jedes Mal, wenn ich ihr begegnete, betete ich für sie zum Lieben Gott und bot ihm alle ihre Tugenden und Verdienste an. Ich fühlte, dies machte Jesus Freude, denn es gibt keinen Künstler, der nicht gern Lob für seine Werke empfängt, und Jesus, der Künstler der Seelen, ist glücklich, wenn man sich nicht beim Äußeren aufhält, sondern bis zum inneren Heiligtum vordringt, das er sich zum Wohnsitz erkoren hat, und dessen Schönheit bewundert. Ich gab mich nicht damit zufrieden, viel für die Schwester zu beten, die mir so viele Kämpfe verursachte, ich suchte ihr alle möglichen Dienste zu leisten, und wenn ich in Versuchung kam, ihr auf unangenehme Art zu antworten, begnügte ich mich damit, ihr mein liebenswürdigstes Lächeln zu zeigen, und versuchte, das Gespräch auf etwas anderes zu lenken […] Oft auch, wenn ich außerhalb der Rekreation (ich meine während der Arbeitsstunden) mit dieser Schwester eine gemeinsame Arbeit zu verrichten hatte, und meine inneren Kämpfe zu heftig wurden, rannte ich wie ein Fahnenflüchtiger davon. Da sie völlig ahnungslos war in Bezug auf das, was ich für sie empfand, hat sie nie Verdacht geschöpft über die Beweggründe meines Verhaltens und bleibt überzeugt, ihr Charakter sei mir angenehm. Eines Tages in der Rekreation sagte sie mit sehr zufriedener Miene ungefähr folgende Worte zu mir: „Schw. Th. vom Kinde Jesus, würden Sie mir sagen, was Sie so sehr zu mir hinzieht, jedes Mal, wenn Sie mich anblicken, sehe ich Sie lächeln?“ Ach! Was mich anzog, war Jesus, verborgen auf dem Grund ihrer Seele … Jesus, der das Bitterste süß macht …