Mittwoch, 19 August 2020 : Kommentar Hl. Cyrill von Jerusalem

Einer der mit Jesus gekreuzigten Verbrecher spricht: „Gedenke meiner, o Herr!“ (Lk 23,42). Das heißt: An dich richte ich mein Wort […] Nicht sage ich: Gedenke meiner Werke; denn diese ängstigen mich. Jeder Mensch hat Sympathie für seinen Reisegefährten, ich bin dein Reisegefährte auf dem Weg zum Tod. Gedenke meiner, deines Reisegefährten! Nicht jedoch sage ich: jetzt schon gedenke meiner, sondern „wenn du in dein Reich kommst“ (Lk 23,42). Welche Macht hat dich, Räuber, erleuchtet? Wer hat dich gelehrt, den anzubeten, der geschmäht und mit dir gekreuzigt wurde? O ewiges Licht, das die erleuchtet, welche in der Finsternis sind! Mit Recht bekam der Räuber das Wort zu hören: „Sei getrost!“ (vgl. Lk 23,43; fast in allen Handschriften fehlen diese Worte). […] ‚„Wahrlich sage ich dir: heute wirst du bei mir im Paradiese sein‘ (Lk 23,43); denn heute hast du meine Stimme gehört und hast du dein Herz nicht verhärtet (vgl. Ps 94(95),8). Gar schnell habe ich über Adam das Urteil gefällt […] Du bist heute dem Glauben gefolgt, und heute schon wird dir das Heil. Adam ist wegen des Holzes gefallen; du wirst vom Holz weg in das Paradies eingeführt. […]“ O große, unaussprechliche Gnade! Noch nicht war der gläubige Abraham in das Paradies eingegangen, und der Räuber tritt ein. Noch nicht waren Moses und die Propheten eingegangen, und der sündhafte Räuber tritt ein. Vor dir hat sich schon Paulus darüber gewundert; denn er sagte: „Wo die Sünde voll war, war die Gnade übervoll“ (vgl. Röm 5,20). Die, welche „die Hitze ertragen hatten“ (Mt 20,12), waren noch nicht eingegangen, und der, welcher erst in der elften Stunde kam, ist eingetreten. Niemand darf gegen den Hausvater murren; denn er sagt: „Freund, ich tue dir nicht Unrecht. Habe ich nicht die Macht, auf meinem Gebiete zu tun, was ich will?“ (Mt 20,13.15). Der Räuber ist entschlossen, Gutes zu tun; doch der Tod kommt ihm zuvor. […] ich nehme schon den Glauben an. […] Das Schaf, das ich verloren habe, habe ich gefunden und nehme ich auf meine Schulter. Er glaubt ja; denn er sprach: „Ich ging in die Irre wie ein verlorenes Schaf (Ps 118(119),176). Gedenke meiner, o Herr, wenn du in dein Reich, kommst!“

Zuletzt geändert: 18 August 2020