Um uns die Tiefe seiner erbarmenden Liebe zu erschließen und sie verspüren zu lassen, hat Jesus, der Quell aller Barmherzigkeit, auch um uns in unserem Elend geweint, und nicht nur einmal, sondern mehrmals. Zuerst über Lazarus (Joh 11,35), dann über die Stadt Jerusalem (Lk 19,41); und schließlich am Kreuz, als aus seinen lieben Augen Tränen strömten zur Sühne aller Sünden (Hebr 5,7). […] O du hartes Herz […] Bedenke, dass dein Arzt weint, und „klage in bitterem Leid um den Einziggeborenen“ (Jer 6,26) […]. Jesus hatte Lazarus auferweckt, das Salböl war über seinem Haupt ausgegossen worden, sein Ruf hatte sich im Volk wie Wohlgeruch verbreitet. Und da er selbst vorherwusste, dass die Menge ihm entgegengehen würde, bestieg er einen jungen Esel, um unter dem Beifall der herbeiströmenden Scharen, die Zweige abrissen und ihre Kleider auf dem Weg ausbreiteten, ein Beispiel bewundernswerter Demut zu geben. Nicht einmal der Jubel der Volksmenge ließ ihn das Erbarmen vergessen: Er selbst begann zu klagen über die Zerstörung der Stadt Jerusalem. Steh nun auf, Magd des Erlösers, um wie eine der Töchter Jerusalems den König Salomo in seiner Hoheit zu sehen, womit ihn seine Mutter, die Synagoge, ehrte – denn sie ist das geheimnisvolle Vorausbild der Kirche, die erst geboren werden sollte. Begleite den Herrn des Himmels und der Erde, der auf einem Esel sitzt. Begleite ihn fortwährend gleichsam mit Öl- und Palmenzweigen, indem du Werke der Barmherzigkeit (pietas) vollbringst und durch rechtes Handeln den Sieg erringst.