Dienstag, 11 Mai 2021 : Kommentar Hl. Claude de la Colombière

Für Menschen guten Willens ist das Gewissen ein Freund, der die Freuden spürbarer und die guten Dinge noch angenehmer macht. Doch vor allem ist es in widrigen Lebenslagen eine große Hilfe. Deshalb heißt es: „Was habe ich im Himmel außer dir? Neben dir erfreut mich nichts auf der Erde“ (Ps 73(72),25). […] Das Gewissen ist ein Richter. Die einen verweigern diesem Richter den Gehorsam, die anderen bestechen ihn, wieder andere bringen ihn um. So wie dem Menschen die Stimme gegeben wurde, damit sie Übersetzerin seiner Gefühle und Wünsche sei, so lehrt Gott uns durch die Stimme des Gewissens, wie er jede Sache beurteilt und was er von jedem von uns erwartet. Diese göttliche Stimme bildet verschiedene innere Worte, um die diversen Unterweisungen und Anordnungen auszudrücken, die Gott seinem Geschöpf geben will. Es ist sozusagen die Geschäftsverbindung zwischen dem Herrn und uns und das Organ, das Gott gewöhnlich benutzt, um unsere Herzen zu berühren und uns das seine zu öffnen. […] Nichts lässt den glühenden Wunsch Gottes, die Menschen zur höchsten Glückseligkeit zu führen, besser erkennen, als das Gewissen, das er ihnen als Ratgeber gab. Es gibt nichts Lichtvolleres, um Gut und Böse zu unterscheiden, nichts Zuverlässigeres, um es uns aufzuzeigen, nichts Drängenderes, um uns dazu zu bringen, das eine zu fassen und das andere lassen. Aber wenn das Gewissen ein Ausfluss seiner Liebe ist, dann ist es auch ein Ausfluss seines Eifers für die Gerechtigkeit; denn dasselbe Gewissen, das so darauf bedacht ist, uns vom Bösen abzuwenden, ist auch äußerst streng darin, uns dafür zu bestrafen.

Zuletzt geändert: 11 May 2021