Freitag, 28 Mai 2021 : Kommentar Hl. Cyrill von Jerusalem

„Einen gläubigen Mann zu finden, ist etwas Großes“ (Spr 20,6). Nicht sollst du mir dein Gewissen offenbaren; denn nicht von menschlichem Gerichte wirst du gerichtet werden. Aber du sollst deinen ungeheuchelten Glauben Gott offenbaren, der Nieren und Herzen prüft (Ps 7,10) und die Gedanken der Menschen kennt (Ps 93(94),11). Es ist etwas Großartiges um einen gläubigen Mann; er ist reicher als alle Reichen. Denn „dem Gläubigen gehört die ganze Welt der Reichtümer“ (Spr 17,6a LXX), insofern er sie verachtet und mit Füßen tritt. Diejenigen, welche nach außen hin reich sind und viel besitzen, sind seelisch arm. Je mehr sie sich nämlich Schätze sammeln, von umso größerer Begierde nach dem, was ihnen noch fehlt, werden sie verzehrt. Der Gläubige dagegen – so widersprechend es klingt – ist reich in der Armut. Da er weiß, dass er nur Kleidung und Nahrung braucht, ist er damit zufrieden und tritt den Reichtum mit Füßen. Nicht nur bei uns, die wir den Namen Christi führen, steht der Glaube in großem Ansehen, sondern auch das ganze soziale Leben, auch das Leben derer, die außerhalb der Kirche stehen, vollzieht sich im Glauben. Die gesetzliche Trauung von Personen, die sich fremd gewesen sind, erfolgt auf Grund des Glaubens. […] Der Ackerbau beruht auf dem Glauben; denn wer nicht an eine Ernte glaubt, unterzieht sich keinen Mühen. Im Glauben begibt man sich auf das Meer, vertraut sich kleinstem Holze an […] Auf dem Glauben beruhen also die meisten menschlichen Unternehmungen, und nicht nur bei uns herrscht dieser Glaube, sondern, wie gesagt, auch bei jenen, welche uns ferne stehen. […] Zum wahren Glauben ruft euch die heutige Schriftlesung. Sie zeigt euch den Weg, den auch ihr betreten müsst, um Gott zu gefallen. […] Der Glaube verstopft nach Daniel die Rachen der Löwen (vgl. Dan 6,23) […] „In allem ergreifet den Schild des Glaubens, womit ihr werdet alle feurigen Geschosse des Bösen auslöschen können!“ (Eph 6,16). […] Der Glaube vermag so viel, dass er sogar Menschen befähigt, auf dem Meere zu wandeln (vgl. Mt 14,29). […] Der Glaube hat eine solche Kraft, dass nicht nur der, welcher glaubt, das Heil erhält, sondern dass auch auf Grund des Glaubens der einen andere gerettet worden sind (vgl. Mt 9,2–7). […] Und der Glaube der Schwestern des Lazarus hatte die Kraft, den Toten aus den Toren der Unterwelt zurückzurufen (vgl. Joh 11). […] Der Glaube, der durch den Heiligen Geist als Gnadengeschenk verliehen wird, ist also nicht nur ein dogmatischer, er wirkt auch Übermenschliches. Wer den Glauben letzterer Art hat, wird zu diesem Berg sagen: „Gehe von hier dorthin, und er wird fortgehen“ (Mt 17,19).

Zuletzt geändert: 28 May 2021