Was immer die Seele auf allen Stufen ihrer inneren Entwicklung tut, ist stets nur ein Mitwirken. Sie ist nicht allein. Gott wirkt in ihr und mit ihr, er ist immer die erste Ursache ihres Fortschrittes. Wohl gilt es am Anfang, da die Seele noch in Sünden und üblen Gewohnheiten verstrickt ist, durch heißen Kampf und mit Aufgebot aller Kräfte die Hindernisse zu beseitigen, die sich der Vereinigung mit Gott entgegenstellen. In dieser Zeit fordert Gott eine lebendige, immer bereite Mitwirkung der Seele, der dies durch die Stimme des Gewissens deutlich und unablässig zum Bewusstsein kommt. Gott gewährt ihr häufig fühlbare Gnaden, um sie zu erheben und zu ermutigen. Die Seele jedoch befindet sich in einem Zustand, in welchem Trost und Verlassenheit, Licht und innere Schwierigkeiten wechseln. Sie fällt und steht wieder auf – sie müht sich ab und ruht wieder aus, sie hält erschöpft inne und strebt dann wieder ungestüm voran. In dem Maße aber, als die Seele voranschreitet und die Hindernisse schwinden, wird ihr Innenleben ruhiger, regelmäßiger, einheitlicher. Das Wirken Gottes macht sich stärker fühlbar und kann sich freier entfalten, weil die Seele keinen Widerstand mehr entgegensetzt und sich williger von der Gnade lenken lässt. Nun schreitet sie rasch voran auf dem Weg der Vollkommenheit. […] Der Heiland hat uns sehr klar diese Grundwahrheit gelehrt: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Rebzweige. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viele Frucht; ohne mich könnt ihr nichts tun“ (Joh 15,5). […] Sich einbilden, dass Christus die ganze Arbeit auf sich nehmen werde, wäre eine gefährliche Täuschung; aber glauben, wir könnten irgend etwas ohne ihn tun, wäre ein nicht minder gefährlicher Irrtum. Wir müssen ganz und gar davon überzeugt sein, dass unsere Werke nur deswegen Wert haben, weil wir mit Christus vereinigt sind.