Donnerstag, 3 Februar 2022 : Kommentar Johannes Cassianus

Der Grund der geistlichen Gnadengaben ist, wie wir der Überlieferung der Vorfahren entnehmen, ein dreifacher. Die erste Ursache der Heilgabe nämlich ist es, wenn irgendwelchen auserwählten und gerechten Männern, je nach dem Verdienste ihrer Heiligkeit, die Gabe der Wunder zur Seite steht. So ist es ganz bekannt, dass die Apostel und viele Heilige auf die Autorität des Herrn hin Zeichen und Wunder taten, da er ja sagte: „Heilet die Kranken, erwecket Tote, reinigt die Aussätzigen und treibet die Teufel aus; umsonst habt ihr es erhalten, umsonst gebt es!“ (Mt 10,8). Die zweite Ursache ist es, wenn zur Erbauung der Kirche oder wegen des Glaubens jener, welche die Kranken bringen, oder auch der zu Heilenden die Kraft der Heilung auch von Sündern und Unwürdigen ausgeht. […] Anderseits aber, wenn bei jenen, welche die Kranken bringen, oder bei diesen selbst der Glaube fehlt, lässt er auch die, welchen die Gabe der Heilung verliehen ist, die gesundmachende Kraft nicht ausüben. Hiervon sagt der Evangelist Lukas: „Und nicht konnte Jesus unter ihnen Wunder wirken wegen ihres Unglaubens“ (Mk 6,5–6). […] Nun wird noch eine dritte Art von Heilgabe durch des Teufels Trug und Umtrieb vorgespiegelt. […] Im Evangelium wird gesagt: „Es werden falsche Christus aufstehen und falsche Propheten und werden große Zeichen und Wunder tun, so dass, wenn es möglich wäre, selbst die Auserwählten irre geführt würden“ (Mt 24,24). Wir müssen also jene, welche Solches zur Schau tragen, nie wegen dieser Macht bewundern, sondern vielmehr darauf sehen, ob sie durch Ausrottung aller Laster und Besserung der Sitten vollkommen seien. Das wird nicht nach dem Glauben eines Andern und nicht aus verschiedenen Ursachen, sondern gerade nach dem Eifer eines jeden durch die Gnadenspendung Gottes verliehen.

Zuletzt geändert: 3 February 2022