Mittwoch, 16 Februar 2022 : Kommentar Juliana von Norwich

Ich habe gesehen, dass Gott sich freut, unser Vater zu sein; dass Gott sich freut, unsere Mutter zu sein; dass Gott sich freut, unser wahrer Bräutigam zu sein und unsere Seele als seine geliebte Braut zu haben. Christus freut sich, dass er unser Bruder ist, Jesus freut sich, dass er unser Retter ist. […] Während unseres Erdendaseins erleben wir, die wir gerettet werden, eine erstaunliche Mischung von Gut und Böse. Wir haben unseren auferstandenen Herrn Jesus Christus in uns, und wir haben das Elend und die Bosheit, die vom Fall und vom Tod Adams herrühren, in uns. […] Durch den Fall Adams sind wir so gebrochen, dass wir aufgrund der Sünde und verschiedener Leiden das Gefühl haben, in der Finsternis zu sein; in dieser [geistlichen] Blindheit können wir kaum den geringsten Trost empfinden. Aber durch unseren Willen und unser Verlangen bleiben wir in Gott und glauben vertrauensvoll an seine Barmherzigkeit und Gnade; und so wirkt er in uns. Durch seine Güte öffnet er die Augen unseres Verstandes, der, je nach der ihm geschenkten Fähigkeit, uns manchmal mehr und manchmal weniger erkennen lässt. Manchmal erhebt er uns, manchmal lässt er zu, dass wir fallen. Diese Mischung ist so verwirrend, dass es uns schwerfällt, in Bezug auf uns selbst oder unsere Mitchristen, zu erkennen, auf welchem Weg wir uns befinden, so wechselhaft ist das, was wir empfinden. Was aber zählt, ist, dass wir Gott ein heiliges „Ja“ geben, wenn wir ihn wahrnehmen, und dass wir „mit ganzem Herzen, ganzer Seele und all unserer Kraft“ (vgl. Mk 12,30) wirklich mit ihm sein wollen. Dann hassen und verachten wir unseren Drang zum Bösen. […] In diesem Durcheinander bleiben wir alle Tage unseres Lebens.

Zuletzt geändert: 16 February 2022