Freitag, 18. März : Hl. Gregor von Nyssa

„Eine Zyperntraube ist mein Geliebter für mich in den Weinbergen von En-Gedi“ (Hld 1,14 LXX). […] Diese göttliche Traube steht in Blüte vor der Passion und vergießt ihren Wein in der Passion. […] Am Weinstock zeigt die Traube nicht immer die gleiche Gestalt. Sie blüht, schwillt an, reift heran, und dann, ganz reif geworden, wird sie sich in Wein verwandeln. Der Weinstock verheißt also durch seine Frucht: Sie ist noch nicht soweit ausgereift, um schon Wein zu liefern, sondern wartet auf die Fülle der Zeit. Sie kann uns aber durchaus schon erfreuen. Noch vor dem Geschmack erfreut sie durch ihren Duft und lässt auf kommende Genüsse hoffen. Sie betört die Sinne der Seele durch den Duft der Hoffnung. Denn die sichere Zusage der erhofften Gnade wird für die, die in der Hoffnung verharren, schon zum Genuss. So verhält es sich auch mit der Zyperntraube, die Wein verheißt, bevor sie zu Wein wird: Durch ihre Blüte – die Blüte steht für die Hoffnung – gibt sie uns die Gewissheit der zukünftigen Gnade. […] Wer seinen Willen mit dem Willen des Herrn in Einklang bringt, weil er „bei Tag und bei Nacht über seine Weisung nachsinnt, der ist wie ein Baum, der an Wasserbächen gepflanzt ist, der zur rechten Zeit seine Frucht bringt und dessen Blätter nicht welken“ (vgl. Ps 1,1–3). Deshalb bringt der Weinstock des Bräutigams, der in der fruchtbaren Erde von En-Gedi, also im Grund der Seele, verwurzelt ist und durch die göttliche Lehre mit Wasser und Dünger versorgt wird, diese blühende und wachsende Traube hervor, in der die Seele ihren eigenen Gärtner und Winzer betrachten kann. Selig diese bebaute Erde, deren Blüte die Schönheit des Bräutigams widerspiegelt! Denn dieser ist das wahre Licht, das wahre Leben, die wahre Gerechtigkeit […] und noch viele andere Tugenden mehr. Wenn jemand durch seine Werke dem Bräutigam ähnlich wird, so sieht er, wenn er die Traube seines eigenen Gewissens betrachtet, den Bräutigam selbst, denn in einem leuchtenden und unbefleckten Leben spiegelt er das Licht der Wahrheit wieder. Deshalb sagt dieser fruchtbare Weinstock: „Meine Trauben treiben und blühen“ (vgl. Hld 7,13). Der Bräutigam ist selbst diese wahre, ans Holz geheftete Traube, deren Blut zum Trank des Heiles wird für diejenigen, die frohlocken in ihrem Heil.

Zuletzt geändert: 18 March 2022