Sonntag, 27. März : Johannes Cassianus

Wenn jemand nach Vollkommenheit streben will, wird er von der ersten Stufe, der Furcht, dem eigentlichen knechtischen Zustand, […] durch stetigen Fortschritt zu den höheren Wegen der Hoffnung aufsteigen. Diese […] erwartet Belohnung. […] Aber sie ist noch nicht zum Empfinden des Sohnes gelangt, der im Vertrauen auf die väterliche Nachsicht und Freigebigkeit nicht daran zweifelt, dass alles, was seinem Vater gehört, auch das Seine ist. Der Verschwender im Evangelium wagt es nicht einmal mehr, danach zu streben, nachdem er mit dem Besitz seines Vaters auch seinen Namen als Sohn verloren hat. Siehe, er beneidete die Schweine um die Schoten, die sie fraßen, d. h. um die schmutzige Speise des Lasters; und man verweigerte ihm, sich davon zu sättigen. Da ging er in sich. Von einer heilsamen Furcht berührt, packte ihn Abscheu vor der Unreinheit der Schweine, und er fürchtete sich vor den grausamen Qualen des Hungers. Diese Gefühle machten ihn in gewisser Weise zu einem Sklaven. Aber wenn er an den Lohn denkt, mit dem die Tagelöhner bezahlt werden, begehrt er ihren Stand und sagt: „Wie viele Tagelöhner meines Vaters haben mehr als genug zu essen, und ich komme hier vor Hunger um. Ich will aufbrechen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt. Ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein; mach mich zu einem deiner Tagelöhner“ (Lk 15,17–19). Doch der Vater lief ihm entgegen. Diese Worte demütiger Reue, die von Zärtlichkeit diktiert waren, nimmt er mit noch größerer Zärtlichkeit auf. Nein, er will seinem Kind keine Güter von geringerem Wert geben, sondern gibt ihm, indem er ihn sofort die beiden niedrigeren Stufen überspringen lässt, seine Sohneswürde wieder zurück. Auch wir wollen uns beeilen, durch die Gnade unauflöslicher Liebe zu jener dritten Stufe der Söhne aufzusteigen, die alles, was dem Vater gehört, als ihr Eigen ansehen; wir wollen es verdienen, das Bild und die Ähnlichkeit des Vaters im Himmel in uns aufzunehmen. Dann werden wir in der Nachahmung des wahren Sohnes verkünden können: „Alles, was der Vater hat, ist mein“ (Joh 16,15).

Zuletzt geändert: 27 March 2022