Montag, 16. Mai : Symeon der Neue Theologe

Wer den Geist zum Lehrer hat, braucht keine Erkenntnis, die von Menschen kommt. Er schaut, vom Licht des Geistes erleuchtet, und betet an die Dreiheit der Personen: den einen Gott, der wesenhaft auf unaussprechliche Weise eins ist. […] Halt inne, Mensch; zittre, sterbliche Natur, und bedenke: Du wurdest aus dem Nichts gezogen und hast beim Verlassen deiner Mutter Schoß die Welt gesehen, die lange vor dir entstanden war. Und könntest du wissen, wie hoch der Himmel ist, oder sagen, welcher Natur da sind Sonne, Mond und Sterne; wo sie festgemacht sind und wie sie sich bewegen […], welcher Art die Erde ist, von der du genommen bist, ihre Grenzen und Maße, ihre Weite und Größe […], und hättest du den Zweck von alledem entdeckt, den Sand des Meeres gezählt und auch dein eigenes Wesen erkannt […], dann erst solltest du nachsinnen über deinen Schöpfer: wie in der Dreifaltigkeit die Einheit unvermischt bleibt und in der Einheit die Dreifaltigkeit ungeteilt. Streck dich aus nach dem Geist! […] Vielleicht wird Gott dich trösten und beschenken, wie er dich schon beschenkt hat: die Welt zu sehen, die Sonne und das Licht des Tages. Ja, in seiner Güte wird er dich nun ebenso erleuchten […], erleuchten mit dem Licht der dreifachen Sonne […]. Dann wirst du die Gnade des Geistes erfahren: dass er, obgleich abwesend, gegenwärtig ist durch seine Macht; dass er, obgleich gegenwärtig, unsichtbar bleibt durch seine göttliche Natur, und dass er überall und nirgends ist. Wolltest du ihn mit deinen Sinnen suchen: Wo solltest du ihn finden? Nirgends, wirst du schlichtweg sagen. Hast du jedoch die Kraft, ihn im Geiste wahrzunehmen, wird er deinen Geist erleuchten und die Augen deines Herzens öffnen.

Zuletzt geändert: 16 May 2022