Montag, 22. August : Hl. John Henry Newman

Das Bewusstsein der Gegenwart Gottes ist nicht nur der Grund für den Frieden eines guten Gewissens, sondern auch für den Frieden der Reue. Auf den ersten Blick mag es seltsam erscheinen, dass Reue Trost und Frieden in sich bergen soll. Das Evangelium verspricht in der Tat, allen Kummer in Freude zu verwandeln. Es lässt uns sogar Freude in Trostlosigkeit, Schwäche und Verachtung empfinden. „Wir rühmen uns unserer Bedrängnis“, sagt der Apostel Paulus, „denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist“ (vgl. Röm 5,3–5). […] Wenn es aber einen Schmerz gibt, der einem als pures Elend vorkommen könnte; wenn es ein Leid gibt, das selbst in einem Leben unter dem Evangelium noch existiert, dann wird es das erwachte Gespür dafür sein, nicht gut nach dem Evangelium gelebt zu haben. Und wenn es einen Moment gibt, in dem die Gegenwart des Allerhöchsten unerträglich zu sein scheint, dann ist es der Moment, in dem uns ganz plötzlich bewusst wird, dass wir uns undankbar gegen ihn aufgelehnt haben. Und doch ist es so, dass es keine wahre Reue ohne den Gedanken an Gott gibt; Reue denkt an Gott, weil sie ihn sucht; und sie sucht ihn, weil die Liebe sie drängt. Und sogar der Schmerz wird dann eine Süße besitzen, wenn er von Liebe erfüllt ist. Denn was ist Reue anderes, als sich Gott auszuliefern, sei es zur Vergebung oder zur Bestrafung, seine Gegenwart um ihrer selbst willen zu lieben und seine Züchtigung höher zu schätzen als die Ruhe und den Frieden, den die Welt bietet? Solange der verlorene Sohn bei den Schweinen weilte, hatte er reichlich Kummer, aber keine Reue; nur Gewissensbisse, aber erst die Reue führte ihn dazu, aufzustehen, zu seinem Vater zu gehen und seine Sünden zu bekennen. So befreite er sein Herz von seinem Elend, das zuvor wie eine harte, quälende Geschwulst auf ihm lastete. […] Gewissensbisse oder das, was der Apostel Paulus „weltliche Traurigkeit“ nennt, führt zum Tod (2 Kor 7,10). Anstatt zur Quelle allen Lebens zu gehen, zum Gott allen Trostes, wiederkäuen die von Gewissensbissen Geplagten nur ihre eigenen Gedanken, ohne einen Vertrauten für ihren Schmerz zu haben. […] Wir brauchen aber Entlastung für unsere Herzen, damit sie nicht länger dunkel und düster sind. […] Unsere wahre Zuflucht ist einzig und allein Gottes Gegenwart.

Zuletzt geändert: 22 August 2022