Freitag, 14. Oktober : Hl. Katharina von Siena

[Die hl. Katharina vernahm, wie Gott zu ihr sprach:] „Niemand kann meinen Händen entweichen. Denn ich bin, der ich bin (vgl. Ex 3,14), ihr aber seid nicht aus euch selbst. Ihr seid genauso, wie ihr durch mich gemacht seid. Ich bin der Schöpfer aller am Sein teilhabenden Dinge, jedoch nicht der Sünde, die nicht ist [insofern sie keinen Bestand in sich hat] und deshalb nicht durch mich gemacht wurde. Und weil sie nicht in mir ist, ist sie auch nicht wert, geliebt zu werden. Das Geschöpf beleidigt mich durch die Sünde nur, insofern es etwas liebt, was es nicht lieben sollte, die Sünde. […] Es ist den Menschen unmöglich, aus mir herauszufallen: Entweder bleiben sie in mir, umfangen von der Gerechtigkeit, die ihre Verfehlungen bestraft, oder sie bleiben in mir, behütet durch meine Barmherzigkeit. Öffne also das Auge deines Verstandes und schau auf meine Hand; du wirst sehen, dass ich die Wahrheit spreche.“ Als ich dann das Auge des Geistes öffnete, um dem Vater, der so groß ist, zu gehorchen, sah ich das ganze Universum in dieser göttlichen Hand eingeschlossen. Und Gott sprach zu mir: „Meine Tochter, sieh nun und wisse, dass niemand mir entweichen kann. Alle hier werden durch die Gerechtigkeit oder die Barmherzigkeit gehalten, denn sie sind mein, durch mich geschaffen, und ich liebe sie unendlich. Was auch immer ihre Bosheit sein mag, ich werde ihnen daher um meiner Diener willen Barmherzigkeit erweisen; ich werde die Bitte erfüllen, die du mir mit so viel Liebe und Schmerz vorgetragen hast.“ […] Da fühlte sich meine Seele selig und schmerzerfüllt zugleich, wie berauscht und außer sich, in der immer stärker werdenden Glut ihrer Sehnsucht. Selig durch die Vereinigung mit Gott, die sie erfahren hatte, da sie – ganz eingetaucht in seine Barmherzigkeit – seine Freude und Güte kosten durfte. Schmerzerfüllt, weil sie sah, dass eine so große Güte beleidigt wird.

Zuletzt geändert: 14 October 2022