Montag, 7. November : Hl. Augustinus

„Alle Wege des Herrn sind Erbarmen und Wahrheit für die, welche seinen Bund und seine Zeugnisse bewahren“ (Ps 24(25),10 Vulg.). Was dieser Psalm über Erbarmen und Wahrheit sagt, ist von größter Bedeutung. […] Er spricht von Erbarmen, weil Gott nicht auf unsere Verdienste schaut, sondern auf seine Güte; er will uns ja unsere Sünden vergeben und uns das ewige Leben verheißen. Er spricht auch von Wahrheit, denn Gott steht immer zu seinen Verheißungen. Lasst uns also dieses göttliche Vorbild anerkennen und Gott nachahmen, der uns sein Erbarmen und seine Wahrheit erwiesen hat. […] Lasst uns wie er in dieser Welt Werke voller Erbarmen und Wahrheit vollbringen. Lasst uns gut sein zu den Schwachen, den Armen und sogar zu unseren Feinden. Lasst uns in der Wahrheit leben und das Böse meiden. Wir wollen nicht Sünden anhäufen, denn wer sich in Vermessenheit auf Gottes Güte verlässt, lässt in sich den Willen aufkommen, Gott für ungerecht zu halten. Er bildet sich ein, dass, selbst wenn er in seinen Sünden verharrt und sich der Reue verschließt, Gott ihm dennoch einen Platz unter seinen treuen Dienern zuweisen werde. Aber wäre es denn gerecht, wenn Gott dir den gleichen Platz zuweisen würde wie denen, die ihren Sünden abgeschworen haben, während du in deinen Sünden verharrst? […] Warum also willst du, dass Gott sich deinem Willen beugt? Unterwirf du dich lieber seinem Willen. Zu Recht sagt der Psalmist in diesem Zusammenhang: „Er wird bestehen bleiben in Ewigkeit vor Gott; sein Erbarmen und seine Wahrheit, wer kann sie erforschen?“ (vgl. Ps 60(61),8 Vulg.). […] Warum heißt es „vor Gott“? Viele suchen in den heiligen Büchern Erkenntnis über die Liebe des Herrn und seine Wahrheit. Sobald ihnen das aber gelungen ist, leben sie für sich selbst und nicht für ihn. Sie verfolgen ihre eigenen Interessen und nicht die Interessen Jesu Christi. Sie predigen Erbarmen und Wahrheit, aber leben sie nicht. Wenn einer Gott und Christus liebt, dann sucht er, wenn er Gottes Erbarmen und seine Wahrheit verkündet, Gottes Interessen und nicht seine eigenen. Er predigt nicht, um sich selbst materielle Vorteile zu verschaffen, sondern zum Wohl der Glieder Christi, also seiner Gläubigen. An sie teilt er aus, was er im Geist der Wahrheit erkannt hat, und zwar so, dass „die Lebenden nicht mehr für sich leben, sondern für den, der für sie starb“ (2 Kor 5,15). „Sein Erbarmen und seine Wahrheit, wer kann sie erforschen?“

Zuletzt geändert: 7 November 2022