Dienstag, 20. Dezember : Sel. Guerricus von Igny

„Der Herr sprach noch einmal zu Ahas; er sagte: Erbitte dir ein Zeichen. Ahas antwortete: Ich will um nichts bitten und den Herrn nicht auf die Probe stellen“ (vgl. Jes 7,10–12). […] Nun, dieses Zeichen, das zurückgewiesen wurde […], nehmen wir unsererseits mit vollem Glauben und liebevoller Hochachtung an. Wir anerkennen, dass der von der Jungfrau empfangene Sohn für uns ein Zeichen der Vergebung und Befreiung „in den Tiefen“ der Unterwelt, ein Zeichen der Hoffnung auf Jubel und Herrlichkeit „in den Höhen des Himmels“ ist. […] Dieses Zeichen hat der Herr nun aufgerichtet, zuerst am Stamm des Kreuzes, dann auf seinem königlichen Thron. […] Ja, es ist ein Zeichen für uns, dass diese jungfräuliche Mutter empfängt und gebiert: ein Zeichen dafür, dass dieser empfangene und geborene Mensch Gott ist. Dieser Sohn, der göttliche Werke vollbringt und menschliche Leiden erduldet, ist für uns das Zeichen dafür, dass er die Menschen, um deretwillen er empfangen und geboren wurde und für die er auch leidet, zu Gott führen wird. Unter allen menschlichen Schwachheiten und Unannehmlichkeiten, die dieser Gott bereit war, für uns zu erdulden, war, so denke ich, die erste (was die Zeit betrifft) und zugleich die größte (was die Erniedrigung betrifft): dass diese unendliche Majestät es ertrug, im Schoß einer Frau empfangen und neun Monate lang darin eingeschlossen zu werden. Wo hat sie sich jemals so völlig erniedrigt? Wann hat man erlebt, dass sie sich derart entäußerte? Während einer so langen Zeit sagt diese Weisheit nichts, wirkt diese Macht nichts Sichtbares, offenbart sich diese Majestät durch kein Zeichen. Selbst am Kreuz erschien Christus nicht so schwach. […] Im Mutterschoß dagegen ist er, als ob er nicht wäre; seine Allmacht ist so unwirksam, als ob sie nichts vermöchte; und das ewige Wort hüllt sich in Schweigen.

Zuletzt geändert: 20 December 2022