Dies ist die Seele, die arm ist im Geist. Sie erkennt ihre Wunden. Sie erkennt auch die Dunkelheit der Leidenschaften, von denen sie umgeben ist. Sie trachtet beständig nach der Erlösung, die vom Herrn kommt. Sie trägt die Mühen und ergötzt sich an keinem der Güter dieser Welt. Sie sucht den einen guten Arzt und vertraut sich allein seiner Fürsorge an.
Wie soll also diese verwundete Seele schön werden, anmutig und imstande, ein Leben mit Christus zu führen? Wie, wenn nicht durch das Wiederentdecken ihrer einstigen Schöpfungswirklichkeit und in der klaren Anerkennung ihrer Wunden und ihrer Armut? Denn wenn die Seele sich nicht in ihren durch die Leidenschaften verursachten Wunden und Blessuren gefällt, wenn sie ihre Fehler nicht zudeckt, dann wird der Herr ihr die Ursache des Übels nicht anrechnen, sondern er kommt, um sie zu pflegen, sie zu heilen und eine unverwüstliche und unvergängliche Schönheit in ihr wiederherzustellen.
Nur soll sie sich, wie gesagt, nicht dazu entschließen, den Leidenschaften verhaftet zu bleiben; sie soll sich nicht in den Leidenschaften gefallen, die in ihr geweckt werden, sondern mit aller Kraft den Herrn anrufen, damit er ihr durch seinen guten Geist gewähre, von allen Leidenschaften befreit zu werden. Eine solche Seele ist wahrhaft selig.
Aber wehe der Seele, die ihre Wunden nicht spürt und die, beherrscht von einem schweren Laster und einer maßlosen Verhärtung, nicht glaubt, dass es etwas Böses in ihr gibt. Diese Seele wird von dem guten Arzt weder besucht noch behandelt. Denn sie sucht ihn nicht und kümmert sich auch nicht um ihre Wunden, da sie sich für heil und gesund hält. Denn es heißt: „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken“ (Mt 9,12).