Gehorsam ist eine Tugend, die den Menschen mit Gott vereint, indem sie ihn dem göttlichen Willen unterwirft, der von Gott selbst oder von seinen Repräsentanten kundgetan wird. Es wurde sogar gesagt, dass diese Tugend fast schon theologal ist. Tatsächlich ist sie mit der Tugend der Gerechtigkeit verknüpft, die uns dazu bringt, Gott das zu geben, was ihm zusteht.
Gott hat souveräne Rechte über uns, die wir seine Geschöpfe sind. Die Unterwerfung unter seinen guten Willen und die genaue Ausführung des Auftrags, den er uns anvertraut hat, sind für uns eine Pflicht, die sich aus seiner absoluten Souveränität ergibt.
Der Plan, an dessen Verwirklichung er uns arbeiten lässt, ist unendlich weise. Er soll sowohl die Ehre Gottes als auch unser Glück bewirken. Alles, was Gott von uns verlangt, ist in höchstem Maße vernünftig, weise und heilsam: Dieser absolute Herrscher übt seine Macht nur zu unserem Wohl aus und unter Wahrung unserer Freiheit. Die Weisheit der Pläne Gottes sowie seine souveräne Macht sind also die Grundlage unseres Gehorsams. […]
Durch den Gehorsam nimmt der Mensch dieses Licht auf [nämlich die Gebote und Anordnungen, die uns den Willen Gottes anzeigen] und lässt es in sein Leben einfließen. Der Gehorsam wandelt immer im Licht. Er verlangt vom Verstand nur deshalb die Unterwerfung, um ihn über sein eigenes, notgedrungen begrenztes Licht hinaus in das große Licht Gottes zu führen. Geheimnisvoll aber sicher weist dieses Licht der Seele die Pfade, die die Weisheit ihr vorgezeichnet hat, und führt sie dorthin, wo diese Weisheit ihr eine ewige Wohnung bereitet hat.