Wo aber finden wir die Worte Jesu, jene Worte, die für uns zu „Quellen des ewigen Lebens werden sollen“ (Joh 4,14)? Zunächst im Evangelium! Dort lauschen wir dem Heiland selbst, dem menschgewordenen Wort. Er offenbart uns das Unaussprechliche in menschlichen Lauten, stellt uns das Unsichtbare vor Augen, soweit unser schwacher Geist imstande ist, es zu fassen.
Wir müssen nur die Augen öffnen und unser Herz vorbereiten, um seine Klarheit zu sehen und uns daran zu erfreuen. […]
Jesus Christus aber ist „derselbe gestern, heute und in Ewigkeit“ (Hebr 13,8). Darum ist er es auch, der uns das Alte Testament offenbart. Er selbst sagt uns ja, dass Moses von seiner Person gesprochen hat und erklärt die Prophezeiungen, die sich auf ihn beziehen. Aus den Psalmen aber klingt es nach den schönen Worten Bossuets, wie eine Frohbotschaft vom Heiland, wie ein Evangelium in Liebes-, Lob- und Sehnsuchtsliedern (Bossuet, Betrachtungen über das Evangelium, 10. Woche, 3. Tag).
Der Heiland offenbart sich uns in allen Büchern der Heiligen Schrift, sein Name begegnet uns auf jeder Seite. Sie sind voll von ihm, von seiner Person, seinen Vollkommenheiten und seinen Werken. Sie sprechen zu uns von seiner unvergleichlichen Liebe, seiner grenzenlosen Güte, seiner unerschöpflichen Barmherzigkeit und unaussprechlichen Weisheit, offenbaren uns die abgrundtiefen Reichtümer des Geheimnisses seines Lebens und Leidens, den höchsten Triumph seiner Verherrlichung. […]
Damit aber diese Worte der Heiligen Schrift in uns „lebendig und wirksam werden“ (Hebr 4,12), damit sie in unsere Seele eindringen und zur Quelle unserer Betrachtungen, zu Lebenskeimen werden, müssen wir sie gläubig und vertrauensvoll aufnehmen mit dem aufrichtigen Verlangen, Christus immer besser kennenzulernen und uns mit ihm zu vereinigen, um ihm nachzufolgen. Die tiefinnerliche Kenntnis, ein übernatürliches und fruchtbares Erfassen der Heiligen Schriften ist eine Gabe des Heiligen Geistes, und zwar eine so kostbare Gabe, dass der göttliche Heiland selbst, die ewige Weisheit, sie den Aposteln in einer seiner letzten Erscheinungen mitgeteilt hat, indem „er ihnen den Sinn für das Verständnis der Schriften erschloss“ (Lk 24,25).