Die Kirche muss es daher in jedem geschichtlichen Zeitalter, aber besonders in unserem als eine ihrer wichtigsten Aufgaben betrachten, das Geheimnis des Erbarmens, das uns in Christus aufstrahlt, zu verkünden und ins Leben hineinzutragen. Dieses Geheimnis ist nicht nur für die Kirche selbst als Gemeinschaft der Glaubenden, sondern in gewissem Sinn für alle Menschen Quelle eines Lebens, das grundverschieden ist von dem, welches der Mensch, seiner dreifachen Begehrlichkeit überlassen, aufbauen könnte.
Im Namen dieses Geheimnisses lehrt uns Christus, immer zu verzeihen. Wie oft wiederholen wir in dem Gebet, das er selbst uns gelehrt hat, die Bitte: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“, das heißt jenen, die uns gegenüber schuldig geworden sind! (Mt 6,12).
Es ist wirklich schwer, den tiefen Wert der Haltung auszudrücken, welche diese Worte bezeichnen und uns ins Bewusstsein einprägen wollen. Wieviel sagen sie jedem Menschen über seinen Mitmenschen und auch über sich selbst! Das Wissen um die Tatsache, dass einer des anderen Schuldner ist, geht Hand in Hand mit der Berufung zur brüderlichen Solidarität, die der heilige Paulus in der prägnanten Einladung formuliert: „Ertragt einander in Liebe“ (Eph 4,2). Welches Programm der Demut gegenüber dem Menschen lehren uns diese Worte – sowohl dem Nächsten als auch sich selbst gegenüber! Welche Schule des guten Willens für das tägliche Zusammenleben in den verschiedenen Umständen unseres Daseins sind sie!