Was Wunder auch, wenn der Herr in dieser Welt nur dann erscheint, wenn er will? Selbst bei der Auferstehung ist ein Gottschauen nur denen möglich, die reinen Herzens sind: darum „selig, die reinen Herzens sind; denn sie nur werden Gott schauen“ (vgl. Mt 5,8). Wie viele hatte der Herr bereits selig gepriesen, ohne ihnen jedoch die Fähigkeit des Gottschauens zu verheißen! Wenn demnach nur die, welche reinen Herzens sind, Gott schauen werden, dann werden eben andere (ihn) nicht schauen.
Denn nicht Unwürdige werden Gott schauen, noch vermag derjenige Gott zu schauen, der ihn nicht schauen wollte.
Auch nicht örtlich, sondern mit reinem Herzen lässt Gott sich schauen, nicht mit leiblichen Augen lässt Gott sich suchen, nicht mit dem Blick sich messen, nicht mit tastender Hand sich greifen, nicht in Tönen sich vernehmlich, nicht mit Schritten sich merklich machen. Glaubt man ihn fern, schaut man ihn; ist er zugegen, schaut man ihn nicht. Schauten doch selbst die Apostel nicht alle Christus. Daher seine Klage: „Solange bin ich bei euch, und ihr habt mich noch nicht erkannt“ (vgl. Joh 14,9). Nur wer erkannt hat, „welches die Breite und Länge und Höhe und Tiefe sei“ und „die alles übersteigende Liebe Christi“ (vgl. Eph 3,18–19), „schaut Christus, schaut auch den Vater“ (vgl. Joh 14,9). Wir kennen ja Christus nicht mehr dem Fleische (vgl. 2 Kor 5,16), sondern nur dem Geiste nach; „denn Geist ist vor unserem Angesicht Christus der Herr“ (vgl. Klgl 4,20), der uns in seiner Barmherzigkeit „bis zur ganzen Fülle der Gottheit zu erfüllen“ (vgl. Eph 3,19) sich würdigt, auf dass er von uns geschaut werden könne.