„Jetzt aber hat mich mein Schmerz ganz niedergedrückt, alle meine Glieder sind zu nichts geworden“ (Ijob 16,8 Vulg.). Die heilige Kirche wird von ihrem Schmerz niedergedrückt, wenn sie verdorbene Menschen in ihrer Bosheit aufsteigen sieht. Und da das Aufsteigen der Verdorbenen auch die Schwachen in ihrem Schoß dazu verführt, den Leidenschaften der Verderbtheit zu folgen, hat Ijob recht, wenn er sagt: „Alle meine Glieder sind zu nichts geworden.
“ Denn mit Gebeinen werden die Starken und mit Gliedern die Schwachen bezeichnet. Die Glieder der Kirche werden also zu nichts, wenn die Schwachen ihre Schwäche täglich verschlimmern, indem sie die Verdorbenen, die immer zahlreicher werden in dieser Welt, nachahmen. Denn angesichts des [scheinbaren] Glücks der Bösen verlieren sie oft ihren Glauben und fallen; sie begehren die zeitlichen Güter und sind wie nichts, denn insofern sie den unwandelbaren ewigen Gott verlassen und das Vergängliche wertschätzen, kann man sagen, dass sie dem Nicht-Sein zustreben.
Und es zeugt von Weisheit zu sagen: „Jetzt aber hat mich mein Schmerz ganz niedergedrückt“, denn, wie wir sehen, ist jetzt für die Kirche die Zeit des Schmerzes da, die Zeit der Freude wird danach folgen. Aber es kommt oft vor, dass die heilige Kirche nicht nur unter Ungläubigen und Widersachern von außen zu leiden hat, sondern auch unter solchen, die sie in ihrem Schoß trägt, und die ihr auflauern und feindlich gesinnt sind. Daher fährt der Mund des Seligen [Ijob] gleich fort: „Meine Runzeln geben Zeugnis wider mich“ (Ijob 16,9 Vulg.). Was können die Runzeln anderes bedeuten als Doppelzüngigkeit? Die Runzeln sind also all jene Glieder der heiligen Kirche, die in ihr ein Doppelleben führen, indem sie ihren Glauben mit Worten verkünden, aber durch ihre Taten verleugnen. […] Diese Runzeln hat die heilige Kirche jedoch nicht in ihren Auserwählten, denn diese können die äußere Haltung und das innere Leben nicht voneinander trennen.