Hl. Ephräm

Diese Menschen waren bereit zu arbeiten, aber „niemand hatte sie angeworben“ (vgl. Mt 20,7); sie waren fleißig, aber untätig, aus Mangel an Arbeit und einem Arbeitgeber. Dann kam jemand und warb sie an, ein Wort setzte sie in Bewegung, und in ihrem Eifer vergaßen sie, vorher den Arbeitslohn zu vereinbaren, wie es die ersten getan hatten.

Der Herr schätze ihre Arbeit weise ein und zahlte ihnen genauso viel wie den anderen. Unser Herr hat dieses Gleichnis erzählt, damit niemand sagen kann: „Da ich nicht in meiner Jugend gerufen wurde, kann ich auch nicht aufgenommen werden.“ Er hat gezeigt, dass jeder Mensch, unabhängig vom Zeitpunkt der Bekehrung, aufgenommen wird. […] „Er verließ sein Haus um die dritte, sechste, neunte und elfte Stunde“: Man kann dies verstehen vom Beginn seiner Verkündigung, dann vom Verlauf seines Lebens bis hin zum Kreuz, denn es war gleichsam „zur elften Stunde“, als der Schächer ins Paradies einging (vgl. Lk 23,43). Damit man den Schächer nicht anklage, hebt der Herr seinen guten Willen hervor; hätte man ihn angeworben, dann hätte er auch gearbeitet, aber: „Niemand hat uns angeworben.“

Was wir Gott anbieten, ist seiner nicht würdig, und was er uns gibt, geht weit über das hinaus, was wir verdienen. Man wirbt uns an für eine Arbeit, die unseren Kräften entspricht, bietet uns aber einen Lohn an, der völlig unverhältnismäßig ist. […] Er handelt auf gleiche Weise an den Ersten wie an den Letzten: „Jeder erhielt einen Denar“, der das Bild des Königs trug. All dies weist auf das Brot des Lebens hin (vgl. Joh 6,35), das für alle das gleiche ist. Die Arznei, die das Leben gibt, ist für alle, die sie zu sich nehmen, die gleiche.

Bei der Arbeit im Weinberg kann man dem Herrn keinen Vorwurf für seine Güte machen, und an seiner Rechtschaffenheit gibt es nichts auszusetzen. In seiner Redlichkeit gab er, was er vereinbart hatte, und in seiner Güte war er so barmherzig, wie er wollte. Mit diesem Gleichnis wollte der Herr uns eine Lehre geben und alles zusammenfassend sprach er: „Darf ich mit dem, was mir gehört, nicht tun, was ich will?“ (Mt 20,15).

Quelle: Evangelizo

Zuletzt geändert: 24 September 2023