Wenn auch jede Zeit dazu geeignet ist, die Tugend der Nächstenliebe zu üben, meine Brüder, so mahnen uns doch die jetzigen Tage ganz besonders dazu. Alle, die das Osterfest des Herrn in der Heiligkeit des Geistes und des Leibes begehen wollen, müssen sich vor allem um dieses Gnadengeschenk bemühen, das sämtliche Tugenden in sich vereint und „viele Sünden zudeckt“ (1 Petr 4,8).
Da wir also im Begriff sind, jenes alles überragende Geheimnis zu feiern, durch welches Jesus Christus mit seinem Blut unsere Ungerechtigkeiten gesühnt hat, müssen wir uns vor allem durch Opfer der Barmherzigkeit darauf vorbereiten, indem wir das, was Gottes Güte uns erwiesen hat, auch denen gewähren, die gegen uns gefehlt haben. Jede Kränkung möge also vergessen werden, jede Schuld bleibe von nun an straflos, und die Untergebenen mögen befreit werden von der Furcht, für all ihre Beleidigungen büßen zu müssen! […] Wenn wir nämlich – angeleitet durch göttliche Belehrung – beten: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben haben unseren Schuldigern“ (vgl. Mt 6,12), dann können wir wohl bei dieser Formulierung unserer Bitte nicht daran zweifeln, dass wir Gottes Vergebung erlangen werden. Wir müssen in diesen Tagen auch größere Freigebigkeit gegenüber den Armen und denen, die unter mancherlei Gebrechen leiden, üben. Dann wird ein vielstimmiges Dankgebet zu Gott emporsteigen, und unserem Fasten wird die Fürsprache derer zur Seite treten, deren Not wir gelindert haben. Kein frommes Werk der Gläubigen ist dem Herrn wohlgefälliger als jenes, das seinen Armen zugutekommt. Wo Gott das Streben nach Barmherzigkeit findet, da erkennt er das Bild seiner eigenen Güte.