Der Weinstock ist ein Symbol für uns, das Volk Gottes. Denn es wurzelt am ewigen Weinstock (vgl. Joh 15,5) und erhebt sich über die Erde. Der Weinstock wuchert üppig auf kargem Boden. Bald sprosst und blüht er, bald kleidet er sich in Grün; wenn er groß geworden ist und seine ausgestreckten Arme die Reben eines fruchtbaren Weinstocks bilden, gleicht er dem liebenswerten Joch des Kreuzes.
[…] Zu Recht bezeichnen wir das Volk Christi als Weinstock, sei es, weil es seine Stirn mit dem Zeichen des Kreuzes bezeichnet (vgl. Ez 9,4), sei es, weil seine Früchte erst am Ende des Jahres geerntet werden, sei es, weil – wie die Pflanzreihen eines Weinbergs – alle Glieder der Kirche vollkommen ebenbürtig sind: Arme und Reiche, Niedrige und Mächtige, Diener und Herren. […] Wenn man den Weinstock bindet, richtet er sich auf. Wenn man ihn beschneidet, dann nicht in der Absicht, ihn klein zu machen, sondern um ihm zu einem kräftigeren Wachstum zu verhelfen. Das Gleiche gilt für das heilige Volk Gottes: Wenn man es bindet, wird es frei; wenn man es erniedrigt, richtet es sich auf; wenn man es beschneidet, gibt man ihm in Wirklichkeit eine Krone. Mehr noch: Wie man den Schössling eines alten Baumes auf eine andere Wurzel aufpfropft, so gedeiht auch das heilige Volk Gottes […] am Baum des Kreuzes […]. Und der Heilige Geist ergießt sich, wie in die Furchen eines Feldes, in unseren Leib, wäscht alles Unreine ab und richtet unsere Glieder auf, um sie zum Himmel hin auszurichten. Der Winzer pflegt seinen Weinberg regelmäßig zu jäten, aufzubinden und zu beschneiden (vgl. Joh 15,2). […] Bald lässt er unsere Körpersäfte unter der heißen Sonne eintrocknen, bald lässt er über sie regnen. Es liegt ihm daran, sein Feld zu jäten, damit nicht die Dornen die Knospen verletzen. Und er achtet darauf, dass die Blätter nicht zu viel Schatten werfen […], unseren Tugenden nicht das Licht entziehen und so das Reifen unserer Früchte behindern.