Der Mensch war geschaffen worden, um seinem Schöpfer zu dienen. Was wäre denn in der Tat gerechter, als dem zu dienen, der euch ins Leben gerufen hat und ohne den ihr nicht bestehen könnt? Und was wäre denn beglückender, als ihm zu dienen? Denn ihm zu dienen bedeutet herrschen.
Doch der Mensch sagte zu seinem Schöpfer: „Ich will nicht dienen“ (Jer 2,20). „Ich aber, ich will dir dienen“, sprach der Schöpfer zum Menschen. „Setz dich, ich will dir dienen, ich will dir die Füße waschen.“ […] Ja, Christus, du „tüchtiger und treuer Diener“ (Mt 25,21), du hast wahrhaftig gedient, du hast in allem Glauben und aller Wahrheit gedient, in aller Geduld und aller Beständigkeit. Ohne Lauheit bist du wie ein Held hervorgetreten, um die Bahn des Gehorsams zu laufen (vgl. Ps 18(19),6); ohne Trug hast du uns obendrein nach so großer Mühsal dein eigenes Leben geschenkt. Als du, obwohl ohne Schuld, gegeißelt wurdest, hast du, ohne zu murren, deinen Mund nicht aufgetan (vgl. Jes 53,7). Es steht zu Recht geschrieben: „Der Knecht, der den Willen seines Herrn kennt, aber nicht danach handelt, wird viele Schläge erhalten“ (Lk 12,47). Dieser Knecht aber – so frage ich euch – welche lobenswerten Taten hat er nicht vollbracht? Was hat er unterlassen von dem, was er tun sollte? „Er hat alles gut gemacht“, riefen die, die sein Auftreten beobachteten; „er macht, dass die Tauben hören und die Stummen sprechen“ (Mk 7,37). Er hat alle möglichen Taten vollbracht, die Belohnung verdienen –, wie kam es dann, dass er solche Beleidigungen ertragen musste? Er bot seinen Rücken der Geißel dar, er bekam eine unerhörte Menge grausamer Hiebe; sein Blut lief in Strömen an ihm herab. Unter Schmähungen und Quälereien wurde er verhört, wie ein Sklave oder ein Verbrecher, den man peinlich befragt, um aus ihm das Geständnis seiner Schuld herauszupressen. O abscheulicher Hochmut des Menschen, der das Dienen verachtet und durch kein anderes Beispiel zur Demut gebracht werden konnte als durch das eines solchen Dienstes seines Gottes. Ja, mein Herr, du hast so viel ertragen, um mir zu dienen. Es wäre recht und billig, wenn du dir künftig Ruhe gönnen würdest und dein Diener seinerseits beginnen würde, dir zu dienen. Nun ist er an der Reihe. […] Du hast, Herr, diesen widerspenstigen Diener besiegt. Ich strecke meine Hand aus, um deine Fesseln zu empfangen, ich beuge meinen Nacken, um dein Joch auf mich zu nehmen. Erlaube mir, dir zu dienen. Nimm mich für immer als deinen Diener an, obwohl ich ein unnützer Diener bin, wenn deine Gnade nicht mit mir ist und alle Mühe mit mir teilt (Weish 9,10).