Eine der Seligpreisungen, die der Mund unseres Erlösers verkündet, macht uns diese Wahrheit offenbar: „Selig, die Sanftmütigen, denn sie werden das Land besitzen“ (vgl. Mt 5,5). Wir haben kein anderes Mittel, um unser Land zu besitzen, das heißt das widerspenstige Land unseres Leibes unter unsere Herrschaft zu bringen, als zuallererst unsere Seele in der Sanftmut der Geduld festzumachen.
In den Kämpfen, die die Leidenschaften unserem Fleisch abverlangen, kann der Sieg nur errungen werden, wenn wir die Waffen der Sanftmut anlegen: „Die Sanftmütigen“, so sagt der Prophet, „werden das Land besitzen“ und „darin wohnen für alle Zeiten“ (vgl. Ps 37(36),11.29). Und dann lehrt er uns im weiteren Verlauf des Psalms die Methode, wie wir dieses Land erobern können: „Hoffe auf den Herrn, und bleib auf seinem Weg! Er wird dich erhöhen zum Erben des Landes“ (Ps 37(36),34). Hier haben wir es also mit einer sicheren Wahrheit zu tun: Niemand gelangt zum sicheren Besitz dieses Landes, außer denen, die auf den harten Wegen des Herrn bleiben und seine Vorschriften halten, und zwar mit unerschütterlicher Sanftmut und Geduld. Seine Hand wird sie aus dem Sumpf der fleischlichen Leidenschaften herausziehen und sie erhöhen. „Die Sanftmütigen werden das Land besitzen“, und sie werden es nicht nur besitzen, sondern „sie werden Frieden in Fülle genießen“ (vgl. Ps 37 (36), 11). Wer jedoch den Kämpfen der Begierde in seinem Fleisch unterworfen bleibt, wird sich dieses Friedens nicht dauerhaft erfreuen. […] Wenn aber der Herr den Kämpfen Einhalt gebietet und ihn so von allem Aufbegehren des Fleisches befreit, dann wird der Mensch in einen solchen Zustand der Reinheit gelangen, dass jede Verwirrung aufhört, die ihm Abscheu vor sich selbst – ich meine vor seinem Fleisch – bereitete, solange er damit zu kämpfen hatte, und dass er beginnt, sich daran zu erfreuen wie an einem ganz reinen Tabernakel. […] Das Verdienst seiner Sanftmut wird ihm das Land zum Erbe geben, und mehr noch: „Sie werden Frieden in Fülle genießen“. Denn es heißt nicht: Sie werden Frieden genießen, sondern „Frieden in Fülle“ (vgl. Ps 37(36),11).