Die Süße des seligen Lebens wird in der Lesung gesucht, in der Betrachtung gefunden, im Gebet erfleht und in der Beschauung verkostet. Deshalb sagt der Herr selbst: „Sucht, dann werdet ihr finden; klopft an, dann wird euch geöffnet“ (Mt 7,7). Sucht im Lesen, und ihr werdet finden in der Betrachtung.
Klopft an im Beten, und ihr werdet eintreten im Schauen. Die Lesung bietet dem Mund gleichsam feste Nahrung, die Betrachtung kaut und zerkleinert sie, das Gebet erreicht den Geschmacksinn, und die Beschauung ist die eigentliche Süße, die erquickt und erbaut. Die Lesung erreicht die Schale, die Betrachtung dringt ins Mark, das Gebet drückt das Verlangen aus, und die Beschauung genießt die gewonnene Süßigkeit. Der Geist sieht, dass er die ersehnte Süßigkeit der Erkenntnis und der Erfahrung nicht aus eigener Kraft erreichen kann. Je tiefer sein Herz wird, desto weiter entfernt erscheint ihm die Höhe Gottes. Er demütigt sich daher und flüchtet sich ins Gebet. […]
„Lange habe ich in meinem Herzen betrachtet, und ein Feuer hat sich bei meiner Betrachtung entzündet: das Verlangen, dich besser zu erkennen. Wenn du für mich das Brot der Heiligen Schrift brichst, hast du mich in diesem Brotbrechen erkannt (vgl. Lk 24, 30-35). Und je mehr ich dich kenne, desto mehr verlange ich danach, dich zu kennen, nicht nur in der Schale des Buchstabens, sondern im Geschmack der Erfahrung. Ich bitte darum, Herr, nicht aufgrund meiner Verdienste, sondern kraft deiner Barmherzigkeit. Ich bekenne nämlich, dass ich sündig und unwürdig bin, aber „selbst die kleinen Hunde bekommen von den Brotresten, die vom Tisch ihrer Herren fallen“ (Mt 15,27). Gib mir also, Herr, das Unterpfand des künftigen Erbes, wenigstens einen Tropfen des himmlischen Regens um meinen Durst zu stillen, denn ich brenne von Liebe.“