Die Weisheit spricht: „Er wandelt die Lippen der Wahrhaftigen und nimmt den Alten die Lehrweisheit“ (Iiob 12,20 Vulg.). […] Diese Worte lassen sich unmittelbar auf jene Juden anwenden, die vor der Menschwerdung des Herrn wahrhaftig waren, da sie an sein Kommen glaubten und es ankündigten, die aber, als die Zeit gekommen war und er im Fleisch erschien, sagten: „Das ist er nicht.
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Die Lippen der Wahrhaftigen wurden also gewandelt, da sie gesagt hatten, er werde kommen, nun aber erklärten: Er ist nicht da. Und den Alten wurde die Lehrweisheit genommen, da sie den Vorhersagen, die sie von ihren Vätern her im Gedächtnis hatten, nicht gläubig folgten. Das erhellt auch die göttliche Verheißung, dass er bei der Ankunft des Elija die Herzen der Söhne wieder den Vätern zuwenden werde (vgl. Mal 3,24), damit die Lehrweisheit, die jetzt den Herzen der Juden genommen ist, durch die Barmherzigkeit des Herrn wieder in sie zurückkehren wird an jenem Tag, an dem die Söhne zu verstehen beginnen, was ihre Väter über den Herrn angekündigt hatten.
Wenn wir aber unter den „Alten“ auch jene Juden verstehen, die sich – von einem irregeleiteten Glauben verführt – dem Wort der Wahrheit widersetzten, so wurde den Alten die Lehrweisheit an dem Tag genommen, an dem sie [diese Lehrweisheit] von der Kirche empfangen wurde – ja, von diesem kleinen jungen Mädchen, das, aus den Heidenvölkern kommend, durch den Mund des Psalmisten sagt: „Ich wurde weiser als die Alten“ (Ps 119 (118),100 Vulg.). Denn indem sie sich die Lehrweisheit durch praktische Anwendung aneignet, zeigt sie, dass sie mehr verstanden hat als die Alten, und fügt sogleich die Worte hinzu: „… denn deine Gebote suchte ich.“ Ja, ihr Eifer, mit dem sie das Gelernte in Werke umsetzte, war es, der ihr das Verständnis dessen einbrachte, was sie lehren sollte.