Hl. Gregor der Große

„Des Schreckens Dröhnen ist immer in seinen Ohren, und wenngleich Friede ist, argwöhnt er immer Nachstellungen“ (Ijob 15,21 Vulg.). Nichts ist dagegen glücklicher als ein einfaches Herz, denn indem es sich anderen gegenüber nur durch Unschuld offenbart, hat es von anderen auch nichts zu befürchten.

In seiner Einfalt ist es wie in einer mächtigen Festung. Und ein solcher Mensch macht sich keine Sorgen, von anderen etwas erleiden zu müssen, woran er sich nicht erinnern kann, es selbst getan zu haben. Daher die weisen Worte Salomos: „In der Furcht des Herrn ist feste Zuversicht“ (Spr 14,26). Weiter sagt er: „Ein ruhiges Gemüt ist wie ein beständiges Freudenmahl“ (Spr 15,15). Wie eine Speise, die sich immer wieder erneuert, so ist tatsächlich der Friede der Sicherheit. Ein abgeirrter Geist hingegen ist immer beschäftigt: Entweder plant er böse Machenschaften gegen andere, oder er fürchtet sich vor den bösen Taten anderer. Und alles, was er sich gegen seinen Nächsten ausdenkt, davon fürchtet er, dass sein Nächster es gegen ihn anzetteln wird. Verdächtigungen auf allen Seiten, Alarmmeldungen auf allen Seiten. Kommt ihm eine Person in den Sinn, so ist er fest davon überzeugt, dass diese ihm Böses antun will. Den Frieden der Sicherheit zu vermissen, bedeutet also, die Ohren voll Dröhnen des Schreckens zu haben. Und nun schaut euch einen solchen Menschen, ganz gleich welchen, an: Oft kommt es vor, dass sein Nachbar schlicht und ohne feindselige Hintergedanken mit ihm spricht. Er aber argwöhnt mitten im Frieden eine Falle, denn wer selber immer nur mit List handelt, begreift nicht, wie jemand ihm gegenüber mit einfältigem Herzen handeln kann. […] „Er glaubt nicht, aus der Finsternis ins Licht zurückkehren zu können, er, der sich nach allen Seiten ringsum nach dem Schwert umsieht“ (Ijob 15,22 Vulg.). Er glaubt, von Fallen umgeben zu sein, in die er tappen wird, und verliert die Hoffnung auf seine Rettung.

Quelle: Evangelizo

Zuletzt geändert: 21 November 2024