„Man brachte einen Gelähmten zu ihm“. Die Evangelisten berichten, dass die Männer das Dach abdeckten, den Kranken hinabließen und vor Christus niederlegten, ohne ihn um etwas zu bitten. Sie ließen Jesus einfach handeln. Zu Beginn seines Wirkens in ganz Judäa war es Jesus, der den ersten Schritt machte und keinen so großen Glauben verlangte; jetzt aber kamen die Menschen zu ihm, und ihnen wurde ein mutiger und lebendiger Glaube abverlangt: „Als Jesus ihren Glauben sah“, heißt es im Evangelium, und damit ist der Glaube derer gemeint, die den Gelähmten getragen hatten.
[…] Auch der Kranke hatte einen großen Glauben, denn er hätte sich nicht dort hintragen lassen, wenn er kein Vertrauen zu Jesus gehabt hätte. Angesichts eines solchen Glaubens zeigt Jesus seine Macht und vergibt mit göttlicher Vollmacht die Sünden des Kranken; damit liefert er einen Beweis dafür, dass er dem Vater gleich ist. Diese Gleichheit hatte er bereits gezeigt, als er den Aussätzigen heilte mit den Worten: „Ich will es – werde rein“, als er den sturmgepeitschten See beruhigte und als er die Dämonen austrieb, die in ihm ihren Herrscher und Richter erkannten. […] Hier aber zeigt er diese Gleichheit zunächst, ohne großes Aufsehen zu erregen: Er beeilte sich nicht, den Kranken, der vor ihm lag, äußerlich zu heilen. Er begann mit einem unsichtbaren Wunder: Zuerst heilte er die Seele dieses Mannes, indem er ihm die Sünden vergab. Zwar war diese Heilung unendlich viel vorteilhafter für den Mann, Christus jedoch brachte sie wenig Ehre. Damals wollten einige, von ihrer Bosheit getrieben, ihm schaden; aber dadurch machten sie ungewollt das Wunder noch offenkundiger.