Hl. Gregor der Große

„Er hat Unheil empfangen und Freveltat geboren, und sein Schoß bereitet Trug“ (Ijob 15,35 Vulg.). Seinen schmerzhaften Trug empfängt er, wenn er über Abwege nachsinnt. Die Freveltat gebiert er, wenn er sich daran macht, das auszuführen, worüber er nachgesonnen hat. Im Neid empfängt er schmerzhaften Trug, in der Verleumdung gebiert er die Freveltat.

Schwere Freveltat ist es, wenn ein verdorbener Mensch versucht, die anderen als verdorben hinzustellen, um sich selbst als Heiligen darzustellen, indem er aufzeigt, dass die anderen es nicht sind.

Man muss auch wissen, dass in der Heiligen Schrift das Wort „Schoß“ oder „Leib“ gewöhnlich den Geist oder die Seele bezeichnet. Daher das Wort Salomons: „Eine Leuchte des Herrn ist des Menschen Lebenshauch, die das ganze Innere seines Leibes durchforscht“ (Spr 20,27 Vulg.). Denn es ist das Licht der Gnade, das von oben kommt und dem Menschen den Atem bringt, um ihm Leben zu spenden. Und wenn es heißt, dass dieses Licht das ganze Innere seines Leibes durchforscht, dann deshalb, weil es in die verborgenen Bereiche des Geistes eindringt, damit das, was die Seele aus ihrem Innenleben nicht erkennen konnte, vor ihre Augen gebracht wird, um beweint zu werden. Daher das Wort Jeremias: „Mein Bauch, mein Bauch schmerzt mich!“ (Jer 4,19 Vulg.). Und um zu zeigen, was er mit seinem Bauch meint, fügte er hinzu: „Meines Herzens Gefühle toben in mir".

Und so kann das Wort Schoß den Geist bezeichnen, denn wie das Kind im Schoß empfangen wird, so werden die Gedanken im Geist geboren, und wie die Nahrung im Bauch enthalten ist, so sind es die Gedanken im Geist.

Quelle: Evangelizo

Zuletzt geändert: 12 February 2025