Donnerstag, 8 November 2018 : Kommentar Hl. Petrus Chrysologus

Einen Gegenstand wiederzufinden, den wir verloren haben, erfüllt uns jedes Mal wieder mit Freude. Diese Freude ist größer als die, die wir vor dem Verlust hatten, als der Gegenstand noch in Sicherheit war. Das Gleichnis vom verlorenen Schaf sagt vor allem etwas aus über die zärtliche Liebe Gottes und nicht so sehr über das normale Verhalten der Menschen. Und es enthält eine tiefe Wahrheit. Von Bedeutendem zu lassen aus Liebe zu etwas sehr Bescheidenem: das ist Zeichen göttlicher Kraft, das ist nicht der menschlichen Begehrlichkeit eigen. Denn Gott ruft ja ins Dasein, was nicht ist; er sucht, was verloren ist, und behütet gleichzeitig, was er zurückgelassen hat; er findet das, was sich verirrt hat, und verliert dabei das nicht, was er hütet. Deshalb eben ist dieser Hirte nicht von der Erde, sondern vom Himmel. Das Gleichnis ist nicht etwa eine Darstellung dessen, was Menschen tun; es birgt vielmehr göttliche Geheimnisse, wie es auch die im Gleichnis enthaltenen Zahlen ohne weiteres veranschaulichen: „Wenn einer von euch“, sagt der Herr, „hundert Schafe hat und eins davon verliert“ […] Vom Verlust eines einzigen Schafes war der Hirt offensichtlich so schmerzlich betroffen, als wäre die ganze Herde seines Schutzes beraubt gewesen und hätte einen falschen Weg eingeschlagen. Deshalb verlässt er die neunundneunzig anderen und macht sich auf die Suche nach einem einzigen; er kümmert sich ausschließlich um ein einziges, damit er in diesem alle finden und retten kann.

Zuletzt geändert: 7 November 2018