Donnerstag, 16 September 2021 : Kommentar Hl. Johannes Paul II.

Gerade weil es die Sünde in der Welt gibt, die „Gott so sehr geliebt hat, dass er seinen einzigen Sohn hingab“ (Joh 3,16), kann Gott, der „die Liebe“ (1 Joh 4,8) ist, sich nicht anders denn als Erbarmen offenbaren. Dieses Erbarmen entspricht nicht nur der tiefsten Wahrheit jener Liebe, die Gott ist, sondern auch der ganzen inneren Wahrheit des Menschen und der Welt, seiner derzeitigen Heimat […] Die Kirche bekennt und verkündet also die Bekehrung. Die Bekehrung zu Gott ist immer ein Entdecken seines Erbarmens, jener Liebe also, die […] langmütig und wohlwollend (vgl. 1 Kor 13,4) ist: jener Liebe, der „der Gott und Vater Jesu Christi, unseres Herrn“ (2 Kor 1,3), in der Geschichte des Bundes mit dem Menschen treu ist bis zum Äußersten, bis zum Kreuz, zum Tod und zur Auferstehung seines Sohnes. Die Bekehrung zu Gott ist immer Frucht des „Wiederfindens“ dieses Vaters, der voll des Erbarmens ist. Die wahre Kenntnis Gottes in seinem Erbarmen und seiner wohlwollenden Liebe ist eine ununterbrochene und nie versiegende Quelle der Bekehrung, die nicht als nur vorübergehender innerer Akt zu verstehen ist, sondern als ständige Haltung, als Zustand der Seele. Denn wer Gott auf diese Weise kennenlernt, ihn so „sieht“, kann nicht anders, als in fortwährender Bekehrung zu ihm zu leben. Er lebt also in statu conversionis, im Zustand der Bekehrung; gerade diese Haltung stellt das tiefste Element der Pilgerfahrt jedes Menschen auf dieser Erde in statu viatoris, im Zustand des Unterwegs-Seins, dar. Selbstverständlich bekennt die Kirche das Erbarmen Gottes, das im gekreuzigten und auferstandenen Christus geoffenbart wurde, nicht nur mit den Worten ihrer Lehre, sondern vor allem mit dem lebendigen Pulsschlag des ganzen Volkes Gottes. Durch dieses Lebenszeugnis erfüllt die Kirche die dem Volk Gottes eigene Mission, die an der messianischen Sendung Christi teilhat und diese in gewissem Sinne fortsetzt.

Zuletzt geändert: 16 September 2021