Samstag, 2. April : Hl. Johannes Paul II.

Im Paschageheimnis wird die Schranke des vielfachen Übels, in das der Mensch in seiner irdischen Existenz verstrickt ist, überschritten: Das Kreuz Christi lässt uns die tiefsten Wurzeln des Übels verstehen, die in die Sünde und den Tod hinabreichen, und wird so auch zu einem eschatologischen Zeichen. Erst in der endzeitlichen Erfüllung und in der endgültigen Erneuerung der Welt wird die Liebe in allen Auserwählten die tiefsten Quellen des Übels besiegen und als vollreife Frucht das Reich des Lebens, der Heiligkeit und der seligen Unsterblichkeit hervorbringen. […] In der endzeitlichen Vollendung wird sich das Erbarmen als Liebe offenbaren; in der Zeitlichkeit, in der menschlichen Geschichte, einer Geschichte von Sünde und Tod, muss sich die Liebe vor allem als Erbarmen offenbaren und vollziehen. Das messianische Programm Christi, sein Programm des Erbarmens, wird zum Programm seines Volkes, der Kirche. Im Mittelpunkt dieses Programms steht immer das Kreuz; denn in ihm erreicht die Offenbarung der erbarmenden Liebe ihren Höhepunkt. […] Christus ist als Gekreuzigter das Wort, das nicht vergeht (vgl. Mt 24,35), derjenige, der an der Tür steht und an das Herz jedes Menschen klopft (vgl. Offb 3,20), der dabei nicht über dessen Freiheit verfügt, sondern die Freiheit zur Liebe zu wecken sucht – nicht nur im Sinne einer Solidarität mit dem leidenden Menschensohn, sondern in bestimmtem Sinn auch als „Erbarmen“, das wir ihm ganz persönlich bezeugen. Konnte im Rahmen des messianischen Programms Christi, im Laufe der Offenbarung des Erbarmens durch das Kreuz, die Würde des Menschen mehr geachtet und erhoben werden als dadurch, dass er, der Erbarmen findet, zugleich „Erbarmen schenken“ darf?

Zuletzt geändert: 2 April 2022