Mittwoch, 21. Dezember : Hl. Bernhard von Clairvaux

Maria ist selig, wie Elisabet zu ihr sagte, nicht nur weil Gott auf sie geschaut, sondern weil sie geglaubt hat. Ihr Glaube ist die schönste Frucht der göttlichen Güte. Aber es bedurfte der unaussprechlichen Kunst des Heiligen Geistes, der über sie kam, damit eine solche Seelengröße sich mit einer solchen Demut in der Verborgenheit ihres jungfräulichen Herzens verbinden konnte. Die Demut und die Seelengröße Mariens, wie auch ihre Jungfräulichkeit und ihre Fruchtbarkeit, sind zwei Sternen vergleichbar, die sich gegenseitig beleuchten. Denn in Maria schmälert die Tiefe der Demut in keiner Weise die Seelengröße und umgekehrt. Während Maria sich selbst so demütig beurteilte, war sie nicht weniger großzügig in ihrem Glauben an die Verheißung, die ihr der Engel brachte. Sie, die sich nur als arme, kleine Magd betrachtete, zweifelte trotzdem nicht daran, dass sie in dieses unbegreifliche Geheimnis, in diese wunderbare Vereinigung, in dieses unergründbare Mysterium berufen sei. Und sie glaubte sofort, dass sie wirklich die Mutter des menschgewordenen Gottes werden würde. Es ist die Gnade Gottes, die dieses Wunder in den Herzen der Auserwählten bewirkt; die Demut macht sie nicht ängstlich und scheu, noch macht die Großmut ihrer Seele sie hochmütig. Im Gegenteil, bei den Heiligen verstärken sich diese beiden Tugenden gegenseitig. Die Großmut der Seele hält dem Hochmut nicht nur die Tür verschlossen, sondern gerade sie ist es, die tiefer in das Geheimnis der Demut eindringen lässt. Und wirklich sind diejenigen, die am großherzigsten in seinem Dienst stehen, von der Furcht Gottes am meisten durchdrungen und am dankbarsten für die erhaltenen Gaben. Entsprechend gilt auch: Wenn die Demut im Spiel ist, schleicht sich keine Feigheit in die Seele ein. Je weniger jemand – auch in den kleinsten Dingen – auf seine eigenen Kräfte zu vertrauen pflegt, desto mehr vertraut er – auch in den größten Dingen – der Macht Gottes.

Zuletzt geändert: 21 December 2022