Hl. Anselm

Wie soll ich würdig sprechen von ihr, die meinen Herrn und Gott hervorgebracht hat? Durch ihre Fruchtbarkeit wurde ich aus meiner Gefangenschaft befreit. Durch ihre Niederkunft wurde ich vom ewigen Tod erlöst. Durch ihren Sohn wurde ich aus meiner Verderbnis aufgerichtet und aus dem Unglück in die selige Heimat zurückgeführt.

O du Gebenedeite unter den Frauen, all das hat mir die gebenedeite Frucht deines Leibes (vgl. Lk 1,42) durch die Neugeburt in der Taufe gegeben. Er [dein Sohn] hat es mir geschenkt – in Wirklichkeit oder in der Hoffnung –, obwohl ich all dessen durch meine eigene Sünde verlustig ging, bis hin zur völligen Verarmung und am Rande der Verzweiflung. Was ist also zu tun? Wenn meine Sünden vergeben sind, sollte ich dann jener gegenüber etwa undankbar sein, durch die mir so viele Güter unentgeltlich zugekommen sind? Gott bewahre mich davor, meinen Missetaten noch diese Ungerechtigkeit hinzuzufügen!

Gott hat seinen Sohn gegeben, die Frucht seines Herzens, ihm wesensgleich, den er liebt wie sich selbst: Er gab ihn Maria und aus dem Schoß Marias schuf er sich den Sohn, nicht einen anderen, sondern genau diesen, so dass er wesenhaft der gemeinsame Sohn Gottes und Marias ist. Die ganze Schöpfung ist Gottes Werk, und Gott wird aus Maria geboren! Gott hat alles geschaffen, und Maria hat Gott geboren! Gott, der alles gebildet hat, hat sich selbst aus dem Schoß Marias gebildet, und so hat er alles, was er geschaffen hatte, neu geschaffen. Er, der alles aus dem Nichts erschaffen konnte, wollte seine gefallene Schöpfung nicht neu schaffen, ohne zuerst Sohn Marias zu werden. Gott ist also der Vater aller geschaffenen Dinge und Maria die Mutter aller neu geschaffenen Dinge. Gott ist Vater der gesamten Schöpfung, und Maria ist die Mutter der gesamten Erlösung. Denn Gott zeugte den, durch den alles geschaffen ist, und Maria gebar den, durch den alles erlöst wurde.

Quelle: Evangelizo

Zuletzt geändert: 1 January 2025