Hl. Augustinus

Wer dem Volk vorsteht, muss zunächst begreifen, dass er der Diener aller ist. Er soll diesen Dienst nicht verschmähen […], da auch der Herr der Herren (1 Tim 6,15) es nicht verschmäht hat, sich in unseren Dienst zu stellen.

Die Begierlichkeit des Fleisches* war es, die den Jüngern Christi eine Art Verlangen nach Größe eingeflößt hatte; der Rauch des Stolzes stieg ihnen in die Augen.

Wir lesen ja: „Es entstand unter ihnen ein Streit darüber, wer von ihnen wohl der Größte sei“ (Lk 22,24). Aber der Herr war als Arzt zur Stelle; er wies ihre Überheblichkeit in Schranken. […] An einem Kind zeigte er ihnen, was Demut ist. […] Denn Stolz ist ein großes Übel, das Grundübel, der Ursprung jeglicher Sünde. […]

Deshalb zählt der Apostel Paulus die Demut zu den Tugenden, die die Verantwortlichen der Kirche auszeichnen sollen (vgl. 1 Tim 3,6). […] Als der Herr zu seinen Aposteln sprach, um sie in der Demut zu festigen, stellte er ihnen das Beispiel des Kindes vor Augen: „Wer von euch groß sein will, der soll euer Diener sein“ (Mt 20,26). […] Ich spreche zu euch als Bischof, und mein Hinweis flößt mir selber Angst ein. […] Christus ist gekommen, „nicht um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele“ (Mk 10,45). So hat er gedient, und so will er, dass wir dienen. Er hat sein Leben gegeben, er hat uns erlöst. Wer von uns kann jemanden erlösen? Wir sind durch seinen Tod, sein Blut, vom Tod erlöst worden. Wir, die wir am Boden lagen, wurden durch seine Demut wieder aufgerichtet. Aber auch wir müssen unseren kleinen Teil beitragen für seine Glieder, da er uns zu seinen Gliedern gemacht hat: Er ist das Haupt, wir sind der Leib (vgl. Eph 1,22-23). Und der Apostel Johannes ermahnt uns, es ihm gleichzutun: „Er hat für uns sein Leben hingegeben; so müssen auch wir für die Brüder das Leben hingeben“ (1 Joh 3,16).

*„Fleisch“ meint hier nicht den Leib bzw. das Leben im Leib, sondern die Selbstbezogenheit des Menschen.

Quelle: Evangelizo

Zuletzt geändert: 25 February 2025